Moderator*innen

Eine gute Moderation macht eine Veranstaltung rund. Umso schöner ist es, dass uns Cornelia Jentzsch und Jan Wagner durch die Lange Lesenacht im Heimathafen Neukölln begleiten, und Ellen Katja Jaeckl, Thomas Plaul, Spiros Moskovou, Astrid Kaminski und Angie Saltampasi die Symposiumstage und Abendlesungen mit uns verbringen.

Wir haben ihnen Fragen gestellt und sie haben geantwortet:

>>Was fällt dir spontan zu Berlin/ Athen ein?

Ellen Katja: Beide Städte sind ein Teil meines Lebens – heuer lebe ich 7 Jahre in Berlin, und genauso lange war ich zuvor in Athen.

Jan: Zu Berlin: Abende auf Neuköllner Balkonen. Zu Athen: Ein Tagesanbruch auf der Agor.

Astrid: Kreativität, Uringeruch, Ausverkauf der Stadt, Streetart, Anarchie, ein (immerhin minimal) erhöhtes Solidaritätsbewusstsein.

Angie: Als erstes kommt mir ein Video einer Gruppe namens „Dokoumena“ in den Sinn. Wenn ich nicht irre, wurde sie durch die documenta 14, die 2017 auch in Athen stattfand, zu diesem Namen inspiriert. Es ist eine geniale, zum herzlichen Lachen herausfordernde Kritik an der Mode, Athen als das neue Berlin zu präsentieren. Es dekonstruiert humorvoll positive und negative Stereotype und hebt vor allem auf die griechische Realität ab. Für den deutschsprachigen Raum ist mir nichts Entsprechendes bekannt. In Zeiten wie diesen mag ich generell Künstler, die einfach frech sind. Was mir sonst noch einfällt, wäre der Ausdruck „Spree-Athen“ für Berlin, der die deutsche Liebe zur klassischen Antike wiederspiegelt, die sich in der Berliner Architektur, aber auch in der deutschen Geisteshaltung widerspiegelt. Darüber habe ich durch Nicos Ligouris` Film Dialog von Berlin viel gelernt und schließlich denke ich dabei auch mein eigenes Buch, das den Titel „Berlin“ trägt und zwischen Athen und Berlin entstanden ist.

Spiros: Berlin ist eine durch Geschichte und Politik durchtränkte Stadt, ein Klangkörper von Historien und Tragödien, durch die das heutige Europa entstanden ist. In Athen dagegen wird die Erinnerung an Geschichte und Vergangenheit kultiviert, Griechenland überhaupt ist ein Museum für die Genealogie Europas. Aber die Antike ist tot an ihrem Geburtsort, sonst überlebt sie als Kulturgut an mehreren Orten der Welt.

>>Welche Fragen würdest du gerne bei dem Symposium diskutieren?

Ellen: Katja Welche Rolle spielt die Literatur für den kulturellen Austausch zwischen unseren Ländern? Was wird übersetzt? Welche Autoren werden wahrgenommen?

Jan: Mir wäre ein Einblick in die aktuelle griechische Lyrikszene wichtig.

Astrid: Das kann ich erst sagen, wenn ich in der akuten Vorbereitungsphase bin, auf jeden Fall spannende. Hier ein kleines Brainstorming: Auf welchem Stand gesellschaftlichen, historischen Bewusstseins treffen griechische und deutsche Künstler*innen aufeinander? Welche Spuren hat das 20. Jahrhundert mit dem Zweiten Weltkrieg und später der Gastarbeiter*innen-Migration in der Perspektive auf die jeweils andere Gesellschaft hinterlassen? Welche Spuren der deutsche Umgang mit der griechischen Krise? Im Hinblick auf die Situation in Griechenland: Wie erleben die Autor*innen die Regierungs- und Gesellschaftskrise im Bezug auf die Mazedonienfrage, die Überforderung mit der Situation der Geflüchteten, überhaupt die Situation der Geflüchteten, die entweder keinen legalisierten Status haben oder ohne finanzielle Unterstützung im Zentrum Athens überleben? Wie erleben sie die wachsende Gewalt im Stadtzentrum im Allgemeinen und gegen LGBTI* im Besonderen, gerade jetzt nach dem mutmaßlichen Mord an Zak Kostopoulos? Sowie wiederum in der wechselseitigen Perspektive: Welche kreativen Strategien gibt es u.U. gegen den Ausverkauf der Stadt? Welche Strategien internationaler solidarischer Kreativität sind wirkungsvoll im Hinblick auf marginalisierte Bevölkerungsschichten und warum? Aber wie gesagt, Näheres weiß ich erst, wenn ich mich in die Texte stürze und sehe, welche Spuren solche und ähnliche Fragen darin hinterlassen.

Angie: Ich würde gern sehen, wie die deutschen Kollegen die Werke der griechischen Dichter und Prosaautoren wahrnehmen, aber auch vice versa. Außerdem möchte ich hören, wie die deutschen Kollegen die Panel-Themen des Symposiums interpretieren und wie sie als Kulturschaffende die sich radikal verändernde europäische Realität erleben.

Spiros: In den Jahren der sogennanten Griechenlandkrise wurde manchmal das Schweigen der griechischen Autoren darüber bemängelt. Deswegen freue ich mich auf das Echo des bedrückenden Alltags in den Werken der griechischen Schriftsteller. Und in den Werken ihrer deutschen Kollegen möchte ich Experimente des Ausbruchs aus einer saturierten Gesellschaft vernehmen, das, was man früher das Erhabene genannt hat. Also ich würde gerne in Berlin die Korrespondenz zwischen Leben und Literatur diskutieren.

>>Was erwartest du dir darüber hinaus von den SYN_ENERGY Tagen?

Ellen Katja:Neue literarische Entdeckungen, spannende Diskussionen und eine Vielfalt an Perspektiven.

Jan: Gute Begegnungen und Gespräche.

Astrid: Wie ein guter Freund sagt: If you go to the garden of expectations, take a small basket.

Angie: Es ist eine wunderbare Gelegenheit, Texte zu genießen, die ich bisher noch nicht gelesen habe. So erwarte ich mir ein Literaturfest, bei dem die Texte selbst im Mittelpunkt stehen, aus denen ich einen neuen Erkenntnisgewinn für mich ziehen kann.

Spiros: Regen Austausch und Begegnungen zwischen den Schriftstellern beider Länder. Freundschaften zwischen den Schreibenden, die SYN_ENERGY überleben, werden die europäische Akustik der Literatur verbessern